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Gesetzwidrige Kreditwerbung der Santander Bank

Der VKI klagte – im Auftrag des Sozialministeriums – erfolgreich die Santander Consumer Bank GmbH. Verfahrensgegenstand war die Bewerbung des Kredits auf der Startseite der Bank. Die Werbung erfüllte weder die gesetzlichen Kriterien der Auffälligkeit der wesentlichen Informationen noch wurde ein - gesetzlich notwendiges - repräsentatives Beispiel angeführt. Das von der Beklagten gewählte Beispiel mit dem "ab"-Zinssatz enthält nicht den geforderten typischerweise gewährten Zinssatz dar.

Die Santander Consumer Bank GmbH hat auf ihrer Startseite santanderconsumer.at einen Kreditrechner, bei dem groß und fett ua eine Monatsrate angegeben ist. Die in der Fußnote angegebenen Informationen bezüglich der Kosten des Kredits sind dabei relativ kleiner als die Begriffe "Wunschbetrag", "Laufzeit" sowie der berechnete Betrag der jeweiligen Monatsrate. Das von der Beklagten als "repräsentatives Beispiel" angegebene Rechenbeispiel enthält einen Sollzinssatz von "ab" 2,99% und einen Effektivzinssatz von 3,07%.

Werbung Santander
Bild: Santander

Die Santander Consumer Bank hat im Jahr 2018 auch Kreditverträge zu den oben genannten Konditionen abgeschlossen. Es konnte nicht festgestellt werden, wie viele Kredite sie aufgrund ihres Online-Angebots tatsächlich mit einem Sollzinssatz von 2,99 % und einem Effektivzinssatz von 3,07 %, also zu den Niedrigstzinssätzen aus der Beispielrechnung in ihrer Werbung, abgeschlossen hat. Sie hat im Jahr 2018 Barkredite (exemplarisch) mit Sollzinssätzen von 8,3 bis 12,49 % und einem effektiven Jahreszinssatz von 9,06 bis 13,69 % abgeschlossen.

Werden in einer Werbung für Kreditverträge Zinssätze oder sonstige, auf die Kosten eines Kredits für den Verbraucher bezogene Zahlen genannt, so muss die Werbung klar, prägnant und auffallend anhand eines repräsentativen Beispiels gewisse Standardinformationen, wie den Sollzinssatz und den effektiven Jahreszinssatz enthalten.

„Auffallend“

Die Informationen müssen in besonderer Weise gegenüber anderen Informationen optisch, akustisch oder sonst wahrnehmungsfähig hervorgehoben werden. „Auffallend“ bedeutet demnach nicht bloß, dass Informationen im Vergleich zur sonstigen Werbeaussage „nicht ungebührlich zurücktreten“ oder „optisch nicht in den Hintergrund“ treten dürfen. Nach der Rsp meint „auffallend“ vielmehr als formale Anforderung eine Platzierung an hervorgehobener, leicht bemerkbarer Stelle, wogegen „klar und prägnant“ inhaltliche Vorgaben macht, wonach die Informationen exakt, möglichst knapp und für einen durchschnittlichen Verbraucher verständlich sein müssen.

Der OGH schließt es nicht von Vornherein aus, dass die Standardinformationen auch im Kleingedruckten erteilt werden können, sofern sie den Anforderungen nach Klarheit, Prägnanz und Auffälligkeit genügen. Dies kann der Fall sein, wenn sämtliche Zahlen in Entsprechung dieser Anforderungen im Kleingedruckten enthalten sind, weil ihnen der Durchschnittsbetrachter dann in der Regel gleichwertige Aufmerksamkeit entgegenbringt. Werden aber nur einzelne – etwa die für den Verbraucher besonders vorteilhaften – Zahlen im „normalen“ Text, die übrigen Informationen aber im Kleingedruckten platziert, wird dieser Anforderung idR nicht entsprochen, weil letztere dann per se weniger ins Auge fallen und ihnen daher für gewöhnlich weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das gilt umso mehr, wenn die im Normaltext präsentierten Zahlen blickfangartig hervorgestrichen werden, gilt aber auch selbst bei Hervorhebung einzelner Informationen innerhalb des Kleingedruckten (zB durch Fettdruck oä), wenn ihnen nach dem Gesamteindruck der Werbung nicht ein mit den im Normaltext platzierten Zahlen vergleichbarer Auffälligkeitswert zukommt. Dass sämtliche Zahlenangaben in derselben Art und Weise dargestellt werden müssten oder eine einheitliche Schriftart und -größe aufzuweisen hätten, ist daraus aber nicht abzuleiten, weil sich je nach Geschick des Werbegestalters auch bei unterschiedlichen Schriftarten oder -größen ausreichende Auffälligkeitswerte von Informationen erzielen lassen.

Die konkrete optische Gestaltung der Werbung genügt hier nicht den Vorgaben des § 5 VKrG: Die in der Fußnote enthaltenen Informationen im Kleindruck weisen gegenüber der als „eyecatcher“ im Haupttext angeführten Monatsrate eine wesentlich kleinere Schriftgröße auf, sind nicht fett gedruckt, heben sich dadurch weniger vom Hintergrund ab und haben hier im Blocksatz-Fließtext auch keinen besonderen Auffälligkeitswert. Es findet sich im vorliegenden Fußnotentext kein Informationsbestandteil, der als „auffallend“ wahrzunehmen wäre.

„Repräsentatives Beispiel“

Anders als nach § 6 Abs 2 HIKrG ist eine nähere Konkretisierung des „repräsentativen Beispiels“ von Gesetzes wegen nicht erfolgt. Nach der Grundidee eines „repräsentativen“ Beispiels und wie auch aus ErwGr 19 Verbraucherkredit-RL 2008/48/EG hervorgeht, sind für das Beispiel aber jedenfalls solche Zahlen zu wählen, dass der von der Werbung angesprochene Verbraucher von für den beworbenen Kredit typischen Kreditkonditionen ausgehen kann. Da es sich um eine Werbemaßnahme für künftige Kreditvergaben handelt, kann es dabei nicht darauf ankommen, wie viele Kredite in der Folge tatsächlich am Markt zu den genannten Konditionen vergeben werden. Beurteilungszeitpunkt ist vielmehr der Zeitpunkt der Werbemaßnahme, in der der Kreditgeber einschätzen muss, zu welchen Konditionen er Kredite typischerweise an die beworbenen Adressaten zu vergeben bereit ist. Der Wahl der Zahlen kann daher nur eine Prognoseentscheidung des Kreditgebers zugrunde liegen, die im Hinblick auf den „Repräsentationszweck“ des Beispiels freilich nachvollziehbar sein muss.

Die Verwendung eines Sollzinssatzes „abhängig von der Bonität ab 2,99 %“ kann von einem Werbeadressaten nur dahin verstanden werden, dass es sich um einen Mindest-Sollzinssatz handelt, der nicht regelmäßig, sondern nur bei günstigster Bonität gewährt wird. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass der „billigste“ Kredit („ab“) schon jener ist, der im Rahmen einer Kreditpalette typischerweise gewährt werden soll. Dass die von der Beklagten angesprochenen Werbeadressaten aber die dafür erforderliche Bonitätsvoraussetzung im Durchschnitt nicht erfüllen, geht schon aus dem Vorbringen in ihrer Klagebeantwortung hervor: Sie führte aus, dass in ihrem Rechenbeispiel klar darauf hingewiesen werde, „dass dies ein 'ab-Zinssatz' ist und somit dies nicht der durchschnittlich angebotene/zum Tragen kommende Zinssatz ist…“.

Danach liegt hier aber jedenfalls kein Beispiel vor, das für die beworbenen Kredite als repräsentativ iSd § 5 Abs 1 VKrG angesehen werden könnte.

OGH 25.11.2020, 9 Ob 57/20b

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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Das Urteil im Volltext.

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